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Jahrzehntelang hat man uns eingetrichtert, dass Torten dick machen und uns mit Empfehlungen genervt, wie wir mit kalorienloser Chemiesahne und Halbfettmargarine Cholesterin sparen und uns dennoch ordentlich große Sahneschnitten reinziehen können, damit das Kränzchen nicht jedes Mal mit einem Schlaganfall endet. Hätten Sie während des allgemeinen Light-Hypes jemandem eine mit Schokobuttercreme und Pudding und Sahne gefüllte Biskuittorte kredenzt, wär schon die Polizei dagestanden, um Sie zwecks Verdachtes auf einen gezielten Mordanschlag abzuführen. Und jetzt? Jetzt gibts das gleiche ein paar Nummern kleiner und die verschmähte Cremedosis spritzen wir einfach innenrein, statt dass wirs außendrauf schmieren, damit keiner mehr was sieht von den Kalorien im gefüllten Muffin-Cupcake-Küchlein. Da ist auf einmal ein simples Tupferl Sahne auf dem Kuchen plötzlich ein Topping, der drübergewuppte Eiweißzuckerguss aus dem Plastikdosierer ein Icing und eine lächerliche Buttercreme im Originalfettgehalt mit üppigem Doppelrahmfrischkäse verdünnt gar ein Frosting und das nennt sich ganz offiziell Trendbacken.

Da denkt so manch einer wehmütig zurück an eine ordentlich dicke Schwarzwälderkirschtorte. Ein vernünftiges Stück auf Dreieck geschnitten und elegant umgekippt auf stabile Seitenlage.

Was war falsch an der standardisierten 28er Springform? Out, weil es jetzt nicht mehr so viele Shows im Fernsehen gibt, in denen sich Kandidaten gegenseitig weiche Sahnetorten ins Gesicht schmeißen? Vielleicht liegt es auch daran, dass die Wohnungen kleiner werden, ein klassisches Format nicht mehr auf den Tisch passt und wir zum Kaffeekränzchen alles auf zwei oder drei Ebenen auf der handmade Etagere übereinander stapeln müssen? Küchlein im getupft gestreiften Pappbecher für die extrovertierten Deko-Queens, im plissierten, farblich abgestimmten Papierförmchen mit Rosenmuster für die Romantiker, den Mininapfkuchen oder den leicht verstrahlten Süßkram im Schälchen zum Backen in der Mikrowelle für die ganz hartgesottenen Back- und Bioresistenten, denen es pressiert. Optimal zum Mitnehmen für die Pause und Ihre Picknickbegleiter werden sich drüber freuen, ist ein nachmittägliches Meeting im Grünen geplant. Das Gebäck im Weckglas ist da überhaupt der Hit und staunenswert salonfähig, wie es heißt. Den Frischhaltefolienstress können Sie damit endlich ad acta legen. Diese ganze Cupcake-Nummer –­ echt jetzt. Muffins im Papierförmchen mit irgendwas Speziellem gefüllt und was Fettigem in Farbe obendrauf? Jetzt, wo wieder alles natürlich, vollfett und geschmacksecht sein soll, machen wirs wieder wie früher, nur kleiner, dafür öfter.

Dem ganzen Food-Blogging und der intensiven Selbstdarstellung von Leuten, denen das Backen und Verzieren scheinbar mühelos von der Hand geht, haben wir es zu verdanken, dass einem die ewig fade Standard-Biskuitrolle,­ mit Dosenobst gefüllt und dekoriert mit angelaufenen Schokostreuseln,­ endlich nicht mehr so oft aufgedrängt wird. Da können wirklich alle froh sein. Einzige Ausnahme: die quietschgelbe Sahnerolle in atomarer Imposanz von Mama Luise. Die werden Sie jetzt nicht kennen, aber ich schwörs,­ die ist der Hammer. Ja, Mama Luise auch, aber ich meine die Mörderbiskuitsahnerolle. Zeitlos klassisch und unerreichbar in Flauschigkeit, Größe und Schmelzgenuss auf der Zunge. Ganz egal, was die Trendgemeinde erfindet.

Das volle Programm gäbs im Buch RETTEN SIE DEN GUGLHUPF!

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